Donnerstag, 18. Januar 2007

Dreist und dumm

Gestern war es mal wieder soweit: Ein Kunde brachte die Kollegen aus dem Callcenter an den Rand des Wahnsinns. Irgendwann landete die durchgedrehte Seele dann bei mir:

Ich: $Name, guten Morgen.


Kollege: Hi, ich habe hier einen wirklich renitenten Kunden in der Leitung. Können Sie sich der Sache einmal annehmen?


Ich: Dafür ist doch Ihr Vorgesetzter zuständig, oder?


Kollege: Ja, sicher, der hat aber keine Zeit.


Ich: Prima, und deshalb suchen Sie sich einfach jemanden aus der internen Telefonliste raus? OK, was soll’s - ich denke wir sollten den Kunden nicht unnötig warten lassen (schicken Sie mir bitte auch Ihre private Bügelwäsche, sofern Sie keine Zeit haben). Ich bitte Sie aber darum, zukünftig solche Angelegenheiten abteilungsintern zu klären.


Kollege: (legt kommentarlos auf)


Ich: Guten Morgen, mein Name ist $Name. Mein Kollege teilte mir bereits mit, dass Sie noch eine Frage haben.


Kunde: Nein, keine Frage, nur eine Mitteilung. Ich werde die Kosten für die Rücklastschrift, die Sie mir berechnet haben, nicht bezahlen.


Ich: (Mist, schon wieder eine der gefürchteten Buchhaltungsaufgaben) ... OK, können Sie mir kurz Ihre Beweggründe erläutern? Mich würde insbesondere die Frage interessieren, ob unsererseits hier etwas falsch gelaufen ist, was wir korrigieren müssten.


Kunde: Eigentlich nicht. Ich wollte das Geld ja auf meinem Konto einzahlen, aber der Automat bei meiner Bank war kaputt.


Ich: Hm ... das ist natürlich ungünstig. Aber dafür können wir auch nichts, oder?


Kunde: Ja klar, aber ich auch nicht.


Ich: Ich empfehle Ihnen sich einmal mit Ihrer Hausbank zu unterhalten. Die von uns berechneten Protestkosten bestehen fast ausschließlich aus von Ihrer und von unserer Hausbank belasteten Kosten. Da kann ich Ihnen wirklich nicht entgegenkommen.


Kunde: Ja, das habe ich schon. Die haben aber auf ihre AGBs verwiesen. Dort steht, dass der Einzahlungsautomat auch mal defekt sein kann.


Ich: OK, war ein Versuch.


Kunde: Ich will Ihnen mal eines sagen: Bei mir platzt nur hin und wieder mal in der Woche eine Lastschrift. Das kann ja mal passieren. Meine anderen Lieferanten rufen mich da mal schnell an, wenn eine Lastschrift geplatzt ist. Das kann ich von Ihnen ja wohl auch erwarten oder? Da brauchen Sie mich nicht extra abzuzocken. Das finde ich unmöglich!


Ich: OK, der Reihe nach: Zum Einem ist es uns nicht möglich, jeden unserer Kunden bei einer Rücklastschrift anzurufen. Selbst wenn wir die Zeit und personelle Kapazität hätten, dann würde das nichts daran ändern, dass wir die uns belasteten Spesen an Sie weiterberechnen. Andererseits, das erwähnte ich ja schon, verdienen wir nichts an den belasteten Protestkosten. Wir können jedoch auch nichts dafür, wenn Sie nicht für ausreichend Deckung auf Ihrem Bankkonto Sorge tragen, oder?


Kunde: Ja, ja, immer die gleichen Sprüche. Meine anderen Lieferanten haben das nie gemacht.


Ich: Hm ... das kann ich nicht beurteilen. Wenn Sie die Argumentation jedoch schon gehört haben, dann frage ich mich, warum Sie das Thema immer wieder diskutieren müssen?


Kunde: Ich will Ihnen mal was sagen: Ich kann meine $Name-Teile auch wo anders kaufen - z.B. direkt in Asien. Da bin ich auf Sie nicht angewiesen. Entweder Sie buchen die Kosten aus oder ich kaufe zukünftig woanders.


Ich: (das will ich sehen, wie du deine 50 Stück pro Monat in Asien kaufst) ... OK, wenngleich wir uns hier nicht in der Verantwortung sehen, werden wir auf die Kosten im Rahmen von Kulanz verzichten. Bitte nehmen Sie jedoch zur Kenntnis, dass es sich hier tatsächlich um die Weiterbelastung von uns berechneten Kosten handelt und nicht etwa eine Bearbeitungsgebühr.


Kunde: Geht doch! Ach so, ich widerrufe hiermit die Einzugsermächtigung. Wenn Sie mir zukünftig Waren liefern, dann müssen Sie mich erstmal viermal anmahnen, bevor Sie Ihre Kohle kriegen.


Ich: Gut, den Widerruf Ihrer Einzugsermächtigung leite ich umgehend weiter. Ich nehme an, die letzte Bemerkung war nicht ernst gemeint, oder ;-)


Kunde: Och doch! Wenn Sie mir nicht entgegenkommen, dann können Sie mich mal!


Ich: Hm ... aber ich bin Ihnen doch zu 100% entgegengekommen. Aber gut dass Sie Ihre Absichten gleich dargelegt haben. Ich werde dafür sorgen, dass Ihre Bestellungen ab sofort ausschließlich per Nachnahme verschickt werden.


Kunde: (legt kommentarlos auf) ...



Lieber Kunde, es tut mir sehr leid, dass Dir Deine Hausbank keinen Kredit mehr einräumt. Das ist aber nicht mein Problem, ehrlich. Vielleicht solltest Du einmal darüber nachdenken etwas zu machen, mit dem man tatsächlich Geld verdient. Ansonsten danke ich Dir recht herzlich, dass Du mir Deine Strategie verraten hast - wie dämlich muss man eigentlich sein ;-)

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5 Kommentare:

Am/um Donnerstag, Januar 18, 2007 2:04:00 PM , Anonymous Anonym meinte...

Sie sind echt gut, Herr Renitenz ;)

 
Am/um Freitag, Januar 19, 2007 8:54:00 AM , Anonymous Anonym meinte...

OMG! wie kann man dabei nur so ruhig bleiben? ich hab vom lesen schon mordgelüste gekriegt!!!

 
Am/um Freitag, Januar 19, 2007 1:01:00 PM , Blogger CC-Agent meinte...

Respekt.

 
Am/um Freitag, Januar 19, 2007 3:09:00 PM , Anonymous Anonym meinte...

Am besten gefällt mir ja:

(...) Bei mir platzt nur hin und wieder mal in der Woche eine Lastschrift. (...)

Das sind die Kunden, die man sich wünscht ....

Die Erfahrung lehrt allerdings, das diese Flachpfeifen sich auch überall anders wie eine offene Hose benehmen und deshalb lentztendlch treue Kunden bleiben - weil sie bei weniger geduldigen Zeitgenossen überhaupt nicht mehr bedient werden. Nur noch per Nachnahme verschicken ist genau der richtige Weg.

 
Am/um Freitag, Januar 19, 2007 4:17:00 PM , Anonymous Anonym meinte...

Ei ei ei...

DAS sind die Richtigen.
Leider kann ich bei solchen Sachen nicht so ruhig bleiben. Daher gebe ich gerne lieber den BAD COP und spanne Kollegen für Freundlichkeiten ein.

 

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