Donnerstag, 11. Januar 2007

Organisatorische Geisterfahrt XII

Die jahrzehntelange organisatorische Diktatur seiner Majestät König Autistiko II. hinterlässt immer häufiger und vor allem immer markanter seine Spuren in der Mentalität und Einstellung der Mitarbeiter. Man könnte fast sagen, dass das geistige Branding seiner Majestät König Autistiko II. sehr viel erfolgreicher als das mancher Sekten ist – selbst Scientology könnte da durchaus noch etwas lernen.

Man muss sicher differenzieren: Es gibt viele respektive sehr viele Dinge, über die kann man mit seiner Majestät König Autistiko II. grundsätzlich nicht mehr sprechen. Die Beratungsresistenz ist nämlich derart stark ausgeprägt, dass selbst externe Geschäftspartner Anfragen dankend ablehnen - objektiv betrachtet sicher eine weise Entscheidung.

Daneben gibt es jedoch auch einige wenige Dinge aus dem täglichen Arbeitsablauf, die sich der totalen Kontrolle seiner Majestät König Autistiko II. (noch) entziehen. Man sollte daher meinen, dass die Kollegen wenigsten in diesen Bereichen halbwegs konstruktiv zusammenarbeiten. Selbst den vor zwei Wochen angefangenen Sklaven, äh Praktikanten, ist bewusst geworden, dass die Verminderung von Angriffsfläche die einzige Überlebenstaktik im Reich seiner Majestät König Autistiko II. ist.

Sollte man meinen ... in der Praxis sieht das natürlich ganz anders aus. Anstatt sich um ein Minimum an abteilungsübergreifender Kooperation zu bemühen, werden lieber rhetorische Grabenkämpfe geführt. Bei Diskussionen über die Lösung von Problemen wird als allererstes über die verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten der Fakten filibustert und anschließend, nachdem man erkannt hat, dass die eigene Argumentationsstrategie reichlich weit hergeholt ist, ersatzweise ausgiebig über die Sachlage rabuliert.

Genau so ein Meeting hatte ich gestern: Nachdem ich mal wieder zu einer Entscheidung über einen Vorgang weit außerhalb meines Zuständigkeitsbereiches genötigt wurde, habe ich die grundsätzliche Klärung der Angelegenheit kurzfristig bei meinen Abteilungsleiterkollegen zum Tagesordnungspunkt gemacht. Im Nachhinein war das leider etwas unklug, da mein Kollege selbst der Auslöser war, in dem er wissentlich der Dringlichkeit der Angelegenheit mal ganz entspannt in die Mittagspause gegangen ist.

Wie das Meeting dann lief, kann sich vermutlich jeder vorstellen: Die Rechtfertigung der Mittagspause nahm die erste halbe Stunde des Meetings ein. Danach wurde über das Recht auf die Bildung einer eigenen Meinung respektive Auslegung der Fakten eingefordert, über das sich jedoch alle Beteiligten schon zu Beginn einig waren - aber trotzdem schön, das wir darüber gesprochen haben. Zum Schluss wurde dann bestätigt, was ohnehin alle schon wussten, nur eben die ausführenden Kollegen in der Abteilung nicht. Das war dann aber nicht weiter wichtig. In der Hauptsache war es notwendig, die Existenz des Problems an sich zu ignorieren.

Tja, dann bin ich ab sofort auch nicht mehr zuständig. Das ist jetzt zwar ziemlich dumm für die Kunden, aber eben nicht zu ändern. Ich kann, auch mit viel gutem Willen, nicht alles erledigen.

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