Dienstag, 9. Januar 2007

Der Zweck heiligt die Mittel

oder: Datenschutz. Was ist das denn? Kann man das essen?

Ich habe gestern im Spiegel einen recht interessanten Artikel über einen Schlag gegen Kinderpornographie gelesen. Im ersten Moment dominiert gefühlsmäßig die Genugtuung über den Erfolg der Aktion, zumal Kinderpornographie meines Erachtens eines der mit weitem Abstand perfidesten Verbrechen ist. Wenn ich mir jedoch mit ein wenig zeitlichem Abstand noch einmal Gedanken über die Ermittlungsmethoden mache, dann wird mir ein wenig mulmig.

Es mag vielleicht nicht jedem so richtig deutlich geworden zu sein, aber im aktuellen Fall wurden die Transaktionen von allen! 22 Millionen Kreditkarteninhabern aus Deutschland detailliert überprüft. Und zwar ohne jede Einschränkung. Ich bin nicht paranoid und habe erst recht nichts zu verstecken; auch ist der Anlass mehr als traurig. Meines Erachtens dürfte es allerdings ausgesprochen schwierig sein zu erläutern, wie man es mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbaren kann, ein ganzes Land unter Generalverdacht zu stellen. Man könnte glatt den Eindruck haben, dass hier im wahrsten Sinne des Wortes der Zweck die Mittel heiligt.

Im Grunde wird die Masse der Betroffenen keinerlei Einwände gegen die ungefragte Durchleuchtung ihrer Privatsphäre haben. Was aber wenn übermorgen ein sehr wohlhabendes Mitglied unserer Gesellschaft seine Luxuskarosse vermist? Darf ich ab nächsten Monat das Rechts einfordern, alle blauen Pkws in Deutschland überprüfen zu lassen, nur weil mir zum fünften Mal in sechs Monaten ein Depp in mein Auto gefahren ist? Wer zieht hier die Grenze?

Meines Erachtens wirft die Überprüfung der 22 Millionen Kreditkarten in Deutschland eine Menge Fragen auf, zumal sie in gewisser Art und Weise auch eine Signalwirkung entfalten kann. Ich hoffe jedoch sehr, dass man der Rechtsstaatlichkeit und insbesondere auch den Persönlichkeitsrechten des Einzelnen auch in Zukunft gebührende Beachtung einräumt. Anderenfalls haben wir uns wieder einmal ein Stück der Bananenrepublik angenähert ;-)

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6 Kommentare:

Am/um Dienstag, Januar 09, 2007 2:16:00 PM , Anonymous Anonym meinte...

So wie ich das verstehe haben die Kreditkartenunternehmen die Datensätze untersucht und zwar nach Kriterien, die von den Ermittlern vorgegeben waren.

Wenn die Kriterien ( wie anzunehmen ist ) beinhalteten, ob eine Buchung an ein bestimmtes Konto gegangen ist und nur Ergebnisse übermittelt wurden, die diesem Kriterium entsprechen, dann sehe ich keine echte Datenschutzverletzung.

Die Kreditkartenunternehmen arbeiten und kennen eh die Daten, da ist es auch keine Verletzung mehr, wenn sie auf diese Daten eine Suchanfrage loslassen. Die Ermittler bekommen jedoch nur die Ergebnisse, für die ein begründeter Verdacht besteht, dass eine Straftat begangen wurde.

 
Am/um Dienstag, Januar 09, 2007 3:39:00 PM , Anonymous Anonym meinte...

die aktion wurde nur durchgeführt weil der betrag so ungewöhlich war.
es wurden nur die datensätze ermittelt, welche genau diesen betrag(79,99 euro) das konto und der zeitraum richtig waren.
Machen wir uns nichts vor, eine leichte Übung.
Da ist payback gefährlicher

 
Am/um Mittwoch, Januar 10, 2007 6:51:00 AM , Anonymous Anonym meinte...

79,99€ halte ich für keinen ungewöhnlichen Betrag. Der kann doch täglich überall vorkommen.

Ich finde die Aktion auch mit dem Hintergrund der Kinderpornographie äußerst bedenklich und halte nicht viel davon.

 
Am/um Mittwoch, Januar 10, 2007 8:45:00 AM , Anonymous Anonym meinte...

ich hab auch erst mal geschluckt.
und dann nochmal. und nochmal.
natürlich ist mir klar, dass die kreditkartenunternehmen "wissen", wo ich so alles einkaufe...
aber was folgt dann?

 
Am/um Mittwoch, Januar 10, 2007 10:56:00 AM , Blogger The Renitenz meinte...

So ganz unrealistisch scheinen Bedenken an der Aktion nicht zu sein:

http://www.heise.de/newsticker/meldung/83462

 
Am/um Donnerstag, Januar 11, 2007 7:41:00 AM , Anonymous Anonym meinte...

Udo Vetter kümmert sich drum:
http://www.lawblog.de/index.php/archives/2007/01/10/mikado/

 

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