Donnerstag, 11. Mai 2006

Telefonterror

oder: Outsourcing der Telefonzentrale leicht gemacht

Irgendwie hat man sich mit der Personalplanung mal wieder total zerschossen. Seit letzter Woche ist eine ganze Etage am Nachmittag fast vollständig verwaist. Ich bin gemeinsam mit einer 20 Meter entfernt sitzenden Kollegin am Nachmittag echtem Telefonterror ausgeliefert: Es vergehen kaum fünf Minuten, in denen nicht einer der vielen Apparate klingelt. Na ja, wenigstens besteht keine Gefahr einzuschlafen.

Obwohl ich im Grunde bei kaum mehr als einer Drittel der Anrufe weiterhelfen kann respektive Ansprechpartner bin, kann ich die Telefone nicht einfach so klingeln lassen. Wie ich schon erläuterte, wird das Nichtabheben und somit der Rückfall des Gespräches an die Zentrale dokumentiert und von seiner Majestät König Autistiko II. als Faulheit am Arbeitsplatz ausgelegt. Nur zu dumm, dass mir die gleiche Argumentation droht, wenn ich nichts mehr von meiner eigentlichen Aufgabe erledigen kann, weil ich die outgesourcte Telefonzentrale bin.

Ich hoffe nur, dass ich nicht zwangsweise Östrogene für eine hohe Stimme von seiner Majestät König Autistiko II. verabreicht bekommen. Brrrh ... alleine der Gedanke daran, von seiner Majestät König Autistiko II. gefüttert zu werden, lässt mir einen kalten Schauer den Rücken runterlaufen.

Ich könnte allerdings auch eine Voice-Box an meinem Anschluß installieren:

Guten Tag, Sie sprechen mit der neuen Telefonzentrale der Firma $Name. Leider sind alle Leitungen ... ähm, wir haben eigentlich nur eine ... belegt.

OK, drücken Sie die 1, um zunächst die Musikrichtung der nächsten halben Stunde in unserer Warteschleife auszuwählen, oder drücken Sie die 2, um mit dem monophonen Gedudel innerhalb der nächsten 10 Minuten einen manisch depressiven Gemütszustand zu erreichen. Drücken Sie die 3, um mit Gabi für 3,99 EUR pro Minute zu flirten oder drücken Sie die 4, um sich einfach gehackt zu legen.

Alternativ könnten Sie auch eine E-Mail oder ein Fax schreiben. Um die Liste der E-Mail-Adressen zu erhalten, senden Sie ein Fax an 0190/0815 für 1,99 EUR pro Seite.


Die I-Tüpfelchen sind dann Anrufer, die außer Thai oder sonstigen asiatischen/orientalische Sprachen nur Broken-German (glauben zu) sprechen. Da sich meine Fremdsprachenkenntnisse lediglich auf Englisch, Französisch, Latein und ein wenig Spanisch sowie einige slavische Sprachen beschränken, bin ich zunächst einmal eine Viertelstunde damit beschäftigt, die Wortfetzen zu Wörtern zusammenzusetzen, einen semantischen Kontext herzustellen und den Grund des eigentlichen Anrufs herauszufinden.

Ansonsten ist Omnipräsenz eine feine Sache. Das gibt einem das Gefühl, echt gebraucht zu werden. Nein, wirklich. Wenn man keine Freunde hat, gibt es jede Menge Gelegenheiten, um neue Kontakte zu knüpfen.


PS: Man, was bin ich froh, dass ein Sprachtest zukünftig bei der Einbürgerung in Deutschland obligatorisch wird ;-)

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