Donnerstag, 4. Mai 2006

Die Priesterin

Vor einiger Zeit erläuterte ich schon einmal das hierarchische Konzept der Wertschätzung seiner Majestät König Autistiko II. gegenüber der Arbeit seiner Untertanen. Irgendwie gewöhnt man sich an dieses bornierte Denkschema seiner Majestät König Autistiko II. im Laufe der Zeit. Man weiß ja, an was man ist bzw. einen erwartet, wenn es zum Feindkontakt kommt.

Vor einigen Tagen ergab sich eine kleine Begegnung, die der Theorie zum Hindu-Tempel ordentlich Auftrieb gegeben hat: Es wurde eine Palette mit Waren in der Verwaltung angeliefert und Frau Klimper-Schüttel ging durch die Büros auf der Suche nach Hilfe beim Verstauen der Waren im Gebäude.

Irgendwann erschien sie auch vor meinem Schreibtisch und fragte, ob ich mithelfen könne. Nachdem ich obligatorisch eingewilligt hatte, bot sich auch mein mir temporär gegenübersitzender Kollege an. Noch bevor er sein aus wenigen Worten bestehendes Angebot artikulieren konnte, wiegelte Frau Klimper-Schüttel auch schon ab: Er brauche das nicht. Das sei schließlich nicht sein Job.

Auch wenn mir das ein wenig seltsam vorkam, so bin ich erst im Laufe des Tages dazu gekommen, über die Motivation respektive die Hintergründe nachzudenken.

Ich versuche einmal die Analogie ein wenig zu sortieren: Mein mir, wie gesagt, nur zufällig gegenübersitzender Kollege hat normalerweise seinen Arbeitsplatz eine Etage über mir. Was genau er dort macht, weiß ich nicht. Das ist aber durchaus normal, da die Hälfte der Belegschaft ein trappistisches Schweigegelübde im Arbeitsvertrag vereinbart hat. Informationen sind schließlich Machtinstrumente!

Der Theorie zum Hindu-Tempel zufolge, die sich recht streng an den gesellschaftlichen Grundwerten des Hinduismus orientiert, ist mit dem Kastenwesen eine exakte Definition der Stellung des einzelnen Individuums innerhalb der Hierarchie vorhanden. Per Saldo findet man bei uns nur zwei Kasten. Seine Majestät König Autistiko II. ist der einzige Vertreter der Kaste der Brahmanen. Die Belegschaft stellt die Kaste der Dalits. So dachte ich bislang zumindestens.

Bei näherer Betrachtung scheinen zumindestens Frau Klimpel-Schüttel eine Differenzierung vornehmen zu müssen. Sie selbst, dass ist irgendwie recht vielen Kollegen klar geworden, scheint sich mit ihrem Dasein als Unberührbare nicht abfinden zu wollen und proklamiert für sich eine Stellung innerhalb der Kaste der Kshatriyas. Obwohl die Ausführung ritueller Opfer ausschließlich den Brahmanen, und somit seiner Majestät König Autistiko II. zusteht, insistiert sie häufiger auf ein Amt als Hohe Priesterin. So auch am geschilderten Tag.

Sie hat eigentlich nur zum Ausdruck bringen wollen, dass für die Hilfstätigkeiten ausschließlich die Kaste der Dalits zuständig ist. Mitarbeitern, deren Wertschätzung ihr nicht egal sind, warum auch immer, hat sie in die Kaste der Shudras, also der Dienenden, "befördert". Man, was hat mein Kollege für ein Glück ... Scheiße, ist mir das egal ...

Auch wenn die Anekdote vielleicht im ersten Moment ganz nett ist, so wird doch deutlich, dass neben seiner Majestät König Autistiko II. ein zweiter Aspirant auf den Titel "Durchgeknallt und Unbelehrbar" im Anmarsch ist.

Na ja, wenigstens geht mir auf diese Art und Weise der Stoff nicht aus ;-)

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