Der Betriebsrat
oder: Die spannenste Unterhaltung außerhalb der Prime Time
Das Thema Betriebsrat hat bei uns eine wirklich lange Tradition. Na ja, eigentlich ist es lediglich der Versuch, einen Betriebsrat zu gründen. Das allein ist jedoch besser, als alles, was ich bislang gelesen, gehört oder gar selbst erfahren habe. Die merkbefreite Zone seine Majestät König Autistiko II. war dabei in absoluter Höchstform zu beobachten - dagegen versinken selbst die Schwarzbücher der Gewerkschaft in der gleichen Bedeutungslosigkeit wie Grimms Märchen in Papua-Neuginea.
Ich halte von einem Betriebsrat normalerweise nicht sonderlich viel. Das liegt vermutlich auch daran, dass in vielen Unternehmen die Institution Betriebsrat in erster Linie als Speerspitze des Sozialstaates verstanden wird. Auch durchaus häufiger bei Angehörigen des Betriebsrats anzutreffen ist die Auffassung, es der Geschäftsführung mal ordentlich zeigen zu wollen. Per Saldo gilt es daher zu differenzieren: Sofern sich sowohl das Management als auch der Betriebsrat darüber im Klaren sind, dass es in erster Linie darum geht, eine wirtschaftliche Schieflage zu korrigieren oder einen Interessensausgleich zwischen Unternehmen und Angestellten zu schaffen, dann ist ein Betriebsrat sicherlich OK. Dies bedarf jedoch auch einer kritischen Betrachtung der Ursachen.
In unserem Unternehmen wäre ein Betriebsrat substanziell nicht erforderlich. Für die bei seiner Majestät König Autistiko II. tief verwurzelte Realitätsferne sowie das fehlende zwischenmenschliche Taktgefühl hätte ein Betriebsrat eh kein plausibel reproduzierbares Mandat. Aus Gründen ausgleichender Gerechtigkeit fände ich ein Betriebsrat im Imperium seiner Majestät König Autistiko II. aber geradezu genial. Allein des Unterhaltungswertes wegen würde ich vermutlich freiwillig noch ein Weilchen ausharren :-)
Nun jedoch zurück zur Story: Auch im Imperium seiner Majestät König Autistiko II. gab es in den letzten Jahrzehnten hin und wieder einige renitente Mitarbeiter, die einen Betriebsrat installieren wollten. Insgesamt sind mir drei Versuche bekannt – vielleicht gab es in der protoindustriellen Phase noch weitere, undokumentierte Anläufe.
Typischerweise verläuft das Ritual wie folgt ab: Eine kleine Gruppe von Mitarbeitern nimmt mit der Gewerkschaft Kontakt auf, um die Gründung eines Betriebsrates vorzubereiten. Die Gewerkschafter sind jedes Mal hoch erfreut und bilden sofort eine Special Task Force. Im weiteren Verlauf wird das Projekt gegenüber den Mitarbeitern publiziert und kommt so über kurz oder lang auch bei seiner Majestät König Autistiko II. an. Und in dem Moment beginnt das kollektive Martyrium für die Belegschaft. Ab sofort werden keine halben Sachen mehr gemacht. Jeder einzelne Mitarbeiter wird persönlich durch seine Majestät König Autistiko II. überwacht. Der kurzfristig einsetzende, bürgerkriegsähnliche Zustand wird von seiner Majestät König Autistiko II. egalisiert. Allein der Versuch des Luftholens in, dem Gusto seiner Majestät König Autistiko II. nach, unpassenden Moment wird mit disziplinarischen Maßnahmen wie Abmahnung oder Kündigung geahndet.
Oft, aber nicht immer, kommt es dann zur konstituierenden Belegschaftsversammlung, auf der der Betriebsrat dann offiziell aus der Wiege gehoben werden soll. Ob an diesen Versammlungen neben den Wasserträgern seiner Majestät König Autistiko II. tatsächlich auch einmal andere Mitarbeiter teilgenommen haben, ist unbekannt. So recht äußern möchte sich niemand von den Kollegen. Na ja, spätestens zu Beginn der Versammlung ist seine Majestät König Autistiko II. darüber informiert, wer mal wieder den Aufstand gewagt hat.
Noch bevor die zur Wahl stehenden Mitarbeiter überhaupt die Enttäuschung über den Fehlschlag verdaut haben, wartet der Kurierdienst schon vor der eigenen Haustür, um die fristlose Kündigung zu überreichen.
Der informierte und mit einem juristischen Grundverständnis ausgestattete Leser wird nun sofort einwenden, dass das ja gar nicht möglich sei. Tja, ja und nein. Die sich jedes Mal über mehrere Instanzen erstreckende Prozesse vor dem Arbeitsgericht bestätigen ohne jeden Zweifel die Position der gekündigten Mitarbeiter. Das interessiert die merkbefreite Zone seine Majestät König Autistiko II. aber nicht. Der Mitarbeiter wird trotzdem gefeuert. Basta. Dank eines halbwegs funktionierenden Rechtsstaates wird seine Majestät König Autistiko II. jedes Mal zur Zahlung einer Strafe verurteilt, die selbst ihm weh tut. Jedoch scheint der Schmerz, in der eigenen obstinaten Betrachtungsweise gekränkt zu werden, sehr viel größer zu sein. Da ändert auch eine Auszeichnung der Gewerkschaft für die mittlerweile als legendär geltende Resistenz nichts.
Und die Lehre aus dieser Geschichte: Wenn es Mitarbeitern mit der Tendenz zur Selbstkasteiung mal wieder langweilig wird, dann versucht man halt einen Betriebsrat zu gründen.
Labels: Soziales
6 Kommentare:
Wir haben das damals in meiner Ex-Firma alles im Stillen hingekriegt und unserem Chef einen gewählten BR vor die Nase gesetzt. Der war auch dringend nötig und ist es noch.
Übrigens braucht es keine Gewerkschaft. Ein BR hat mir Gewerkschaft nix zu tun.
Ich war die meiste Zeit BR Mitglied und lange Vorsitzende. Also nehme ich einige Deiner Äußerungen persönlich übel ;-)
So wie ich die Situation bei Euch einschätze braucht ihr definitiv einen BR. Wie gesagt, man kann das alles heimlich hin kriegen...
Sicher, ein Betriebsrat wäre wünschenswert. Das Problem dabei ist jedoch, dass die dem Betriebsrat zugehörigen Personen sofort gefeuert werden.
Ich glaube es ist nachvollziehbar, dass das niemand von der Belegschaft möchte ;-)
Aber Mitarbeiter in Betriebsräten genießen doch einen besonderen Kündigungsschutz?
Ja, wie ich schon schrieb: Das ist ihm egal. Gefeuert wird trotzdem.
Was würde eigentlich passieren, wenn sämtliche Mitarbeiter streiken? Will er dann alle entlassen?
Mal abgesehen von der Tatsache, dass das ziemlich schwierig zu bewerkstelligen wäre, würde ich mal davon ausgehen, dass binnen kürzester Zeit ein Heer von Mitarbeitern aus Leihfirmen auf der Matte stehen.
Das Hauptproblem bei seiner Majestät König Autistiko II. ist seine mangelnde Rationalität. Im Zweifelsfall gilt daher die Devise: Rechne mit dem Schlimmsten.
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