Mittwoch, 18. Oktober 2006

Kunden, Kulanz und Realismus

Es gibt immer wieder Kunden, die man sich irgendwie nicht wünscht. Wenn sie dann trotzdem auftauchen, dann empfindet man sie als schlimme Strafe. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass es ursächlich nicht an einer von Intoleranz dominierten Sichtweise auf der Seite des Verkäufers liegt. Vielmehr habe ich den Eindruck, dass eine Reihe von Kunden neuerdings mit einer völlig unrealistischen Anspruchshaltung antreten und dazu noch ausgesprochen uneinsichtig gegenüber von Erklärungsversuchen ist. Sicher, das Eingeständnis im Unrecht zu sein fällt nicht leicht, aber schon aus Gründen simpelster deduktiver Logik sollte es jedem Kunden deutlich werden, dass ein Verkäufer durchaus ein starkes Interesse an einer einvernehmlichen Lösung hat. Da jedoch nicht jeder Verkäufer gleichzeitig auch Hersteller ist respektive über astronomische Margen disponieren kann, sind viele Kulanzansprüche schlicht unbezahlbar - auch mit Mastercard. Ich kann daher so manche Erfahrung anderer Unternehmen bestätigen.

Der folgende Vorgang lang letzte Woche auf meinem Schreibtisch:

Nachdem einer unserer geschätzten Kunden bereits seit mehreren Monaten keine Raten für das ihm gewährte Darlehen mehr bezahlt hat, wurde er von einem unserer Außendienstmitarbeiter vor Ort persönlich kontaktiert. In dem relativ kurzem Gespräch stellte sich heraus, dass unser Kunde das gesamte Unternehmen einschließlich der aufgrund der offenen Finanzierung noch in unserem Eigentum befindlichen Maschine. Der neue Eigentümer des Unternehmens, den unser Außendienstmitarbeiter einzig vor Ort antraf, lehnte jede Zahlung an uns mit dem Hinweis auf einen gutgläubigen Erwerb ab.

Nachdem mit einigem Aufwand geklärt werden konnte, wo unser ehemaliger Geschäftspartner abgeblieben ist, wurde auch dieser von einem unserer Mitarbeiter im Außendienst besucht. Die Klärung der Angelegenheit gestaltete sich ausgesprochen schwierig, da unser Vertragspartner der Auffassung war, mit der Veräußerung des Unternehmens an einen Dritten wäre er von allen Rechten und Pflichten entbunden. Nun, das ist durchaus richtig, setzt allerdings voraus, dass man dem Käufer des Unternehmens mitteilt, dass ein Teil der Maschinen und Anlagen aufgrund laufender Darlehen (noch) nicht zum Firmenvermögen gehören. Der Käufer ist somit verpflichtet, das dem vorherigen Inhaber gewährte Darlehen weiter zu tilgen, sofern er die Maschinen weiter nutzen möchte.

Das unser ursprünglicher Kunde seine Argumentation reichlich patzig vorgetragen hat, hat der Angelegenheit dann noch das I-Tüpfelchen aufgesetzt. Vielleicht hätten wir uns vorher dafür entschuldigen sollen, dass wir tatsächlich auf der Einhaltung getroffener Vereinbarungen bestehen würden.

Schluß und letztendlich bleibt uns (wieder mal) leider nichts weiter übrig, als die Angelegenheit vor Gericht zu klären. Obwohl die juristische Situation eindeutig ist, muss man sich sein Recht teuer erstreiten. Typischerweise endet die juristische Auseinandersetzung dann damit, dass wir kein Geld für unsere Maschine sehen und selbst auf den Kosten des Rechtsstreits sitzen bleiben, da der Schuldner zwischenzeitlich seine Zahlungsunfähigkeit erklärt hat.

Selbstverständlich hätte man dem Kunden ein wenig mehr Kulanz entgegenbringen sollen und auf die verbliebenen 50.000 EUR verzichten können. Ich schlage es seiner Majestät König Autistiko II. gerne vor, allerdings erst nachdem ich gekündigt habe ;-)

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