Heute schon gespart?
Nachdem Peer Steinbrück sparen beim Urlaub empfahl, hat der designierte Arbeitsminister Walter Riester nachgelegt und rät zum Verzicht auf ein neues Auto. Herrlich - ich sehe schon den Flutberg der verbalen Proteste in der Blogosphäre einem neuen Höhepunkt zustreben.
In wüsten Posts haben sich bereits nach Peer Steinbrücks Vorschlag, mal auf einen Urlaub zu verzichten, hunderte von Bloggern zu einer recht uni gefärbten Meinungsäußerung hinreißen lassen. Sicher, wenn ich in den letzten Jahren nie in den Urlaub gefahren bin, dann klingt der Vorschlag, einfach mal drauf zu verzichten, wie ein Hohn. Mit dem Vorschlag, mal auf ein neues Auto zu verzichten, wird es mindestens genau so schlimm, wobei ich hier, ehrlich gesagt, noch die Reaktion der Automobilbranche vermisse.
Aber seien wir doch mal ein ganz klein wenig realistisch: Auch ich bin in den letzten Jahren nicht zwei Wochen auf den Bahamas gewesen oder mehrmals pro Jahr zum kollektiven Delirium auf Mallorca angetreten. Auch habe ich mir kein Haus gekauft - Spießer sein ist, entgegen der Behauptung der LBS, gar nicht so schlimm. OK, ein neues Auto habe ich mir letztes Jahr gegönnt. Dafür habe ich aber auch keine Kinder und kann auf einen iPod, das Zweit-Navi für die Zwiebacksäge, das topaktuelle Dritt-Handy, eine 12.1-Dolby-Surround-Heimkinoanlage und Rolling Stones-Abschiedskonzerte verzichten.
Ich denke daher, man muss den Aufruf zum Sparen, dessen Realitätsanspruch aktueller den je ist, differenziert betrachten. Er ist meines Erachtens eher symbolisch gemeint und mit ein wenig Phantasie auf jeden Einzelnen ummünzbar. Sicher, Konsumverzicht ist schmerzlich, um so schmerzlicher, wenn ohnehin vergleichsweise wenig Haushaltseinkommen zur Verfügung steht. Es ist aber reichlich unrealistisch die eigene materielle Anspruchshaltung vom zur Verfügung stehenden Einkommen abzukoppeln. Eine Luxusyacht und einen Ferrari hätte wohl jeder gerne. Wenn man jedoch pauschal zum Verzicht auf diese Spielsachen aufruft, dann bedeutet das ja noch lange nicht, dass sich jeder den Schuh anziehen muss ;-)
Und letztendlich ist es auch real, dass wir seit vielen Legislaturperioden entweder eine völlig inkompetente oder aber von Lobbyisten gesteuerte Regierung haben, die sich jeglicher Form der substanziellen Auseinandersetzung mit dem Insolvenzfall Sozialstaat verweigert. Zu mindestens ich, dessen gesetzliches Rentenkonto schon heute eine negative Rendite im zweistelligen Bereich ausweist, finde es gut, dass man langsam mal damit beginnt, den Menschen in Deutschland klar zu machen, dass das Prinzip, Geld auszugeben, was man nicht hat, nicht ewig funktioniert.
So, ich muss jetzt meinen Anwalt konsultieren, um Norbert Blüm aufgrund seines Wahlversprechens "Die Rente ist sicher!" privatrechtlich in Regress zu nehmen ;-)
Ach so: Wenn jetzt Ursula von der Leyen dazu aufruft zum Sparen einfach mal weniger Kinder in die Welt zu setzen, dann laufe ich Amok ...
Labels: Kolumne
1 Kommentare:
mh du wiedersprichst dir da etwas, du sagst, dass die regierung den menschen endlich klar machen musste, dass man nicht ewig geld ausgeben kann das man nicht hat. vollkommen richtig.
und herr steinbrück hat ja auch nicht ganz unrecht und deine schlussfolgerung auf seinen satz passt ja auch, ABER wieso sollen WIR (das volk) sparen, wenn die regíerung bei einem ausgabenberg von 65 milliarden euro (sollte die richtige zahl sein) es nicht packt zu sparen sondern einfach hin geht und versucht die einnahmenseite zu erhöhen (ust. erhöhung, senkung pendlerpauschale usw).
ist ja wie wenn der bürger immer mehr geld ausgibt das er nicht hat und einfach dem chef eine lohnerhöhung aufzwingt!
wir müssen alle sparen und ich bin mir sicher das volk ist dafür bereit, WENN der staat damit endlich anfängt endlich die ausgabenseite zu reduzieren. einfach kann man damit anfangen in dem man zB die leipziger u-bahn strecke schon lange abgebrochen hätte...
abgesehen von den tausenden anderen möglichkeiten!
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