Donnerstag, 15. Juni 2006

Schuldverteilung

Bloß gut, dass es keine interne Revisionsabteilung gibt. Zumindestens keine mit ausreichender Weisungsbefugnis. Selbst der Vorschlag, der internen Revision den Status einer Stabsstelle mit Vorschlagsrecht zu geben, wurde von seiner Majestät König Autistiko II. strikt abgelehnt. Auch gut ist, dass uns unser Geschwätz und insbesondere Tun und Handeln von gestern nicht interessiert. Wir ignorieren auch die Tatsache, dass diese Auffassung jedoch nicht alle Geschäftspartner teilen.

Und so begab es sich, dass uns ein Geschäftspartner mit einer, sagen wir mal, etwas älteren Korrespondenz konfrontierte. Dem Kunden ging es um die Frage, wo denn eine dem damals aktiven Geschäftsführer zugesagte Zahlung geblieben sei. Man selbst könne diese nämlich nicht finden.

Wenngleich der Hinweis auf die Verjährung die Frage prinzipiell beantwortet hätte, wollte man den Kunden jedoch nicht verlieren. Also wurde, zumal der Vertrieb die Angelegenheit trotz wirklich opulenter Aktenlage, wie sich später herausstellte, nicht klären konnte, die interne Revision mit der Klärung des Falls beauftragt.

In dem abschließenden Bericht ist, leider oder erwartungsgemäß, keiner der beteiligten Personen und/oder Abteilungen sonderlich gut weggekommen. Aber der Reihe nach:

Der besagte Kunde erhielt vor einigen Jahren einen Werbekostenzuschuß. Im Gegenzug wurde die exklusive Belieferung für mehrere Jahre vereinbart. Keine zwei Jahre später viel dem Kunden ein, dass man eigentlich noch mal neu über die Preisgestaltung verhandeln könnte. Da hat der Vertrieb dem Kunden noch geholfen, indem man den Werbekostenzuschuß und dessen Bedingungen nicht schriftlich vereinbart hat.

OK, macht nichts. Kann ja mal passieren. Nach längerem Palaver ließ sich seine Majestät König Autistiko II. breitschlagen, und kaufte sich den Umsatz ein zweites Mal. Obwohl man in verschiedenen internen Memos deutlich auf das Problem der fehlenden Vertragsunterlagen aufmerksam machte, sah man sich zum zweiten Mal außer Stande, eine entsprechende Vereinbarung aufzusetzen. Vielleicht lag es daran, dass die Schuldfrage schon damals nicht geklärt werden konnte. Im Zweifelsfall wird die Verantwortung und Zuständigkeit halt herumgereicht, wie die Schale mit den Oblaten zum Gottesdienst: Wenn sie leer ist, dann wird sie einfach elegant entsorgt ;-)

Dem Kunden wurde also ein Scheck ausgestellt und zugesandt. Es kam niemanden seltsam vor, dass der Scheck nicht an die Firma, sondern an den Geschäftsführer gerichtet war.

Als der Scheck dann irgendwann dem Bankkonto belastet wurde, hatte die nächste Abteilung, nämlich das Rechnungswesen, den Schwarzen Peter gezogen. Selbstverständlich wurde die Moschelei vom Vertrieb nicht kommuniziert, so dass das Rechnungswesen keinerlei Ahnung hatte, was man mit der Abbuchung machen sollte. Nachdem man dann die Sache ein Jahr ausgesessen hatte, zog man die Notbremse und versenkte die Zahlung auf einem x-beliebigen Konto - selbstverständlich nicht, ohne sich die Vorsteuer aus dem nicht vorhandenen Beleg zu ziehen.

In den nächsten drei Jahren kehrte dann verhältnismäßige Ruhe in die Angelegenheit ein. Da sich der Kunde jedoch nicht an die Regel "Don't wake up sleeping dogs!" halten konnte, oder besser gesagt wollte, holte uns der Mist wieder ein.

Der Geschäftsführer beim Kunden hatte zwischenzeitlich gewechselt, so dass sich der neue CEO fragte, wann wir denn die zugesagte Zahlung geleistet hätten.

Nach einigen Stunden Recherche stellte sich dann heraus, wann die Zahlung geleistet wurde. Nur zu dumm, dass sich die eingehend vermutete Moschelei in Hinblick auf die persönliche Zahlung an den alten CEO bewahrheitet hat. Der Kunde forderte daher die Zahlung erneut ab. Den ursprünglich vereinbarten Umsatz wurde somit zum dritten Mal bezahlt. Der Deckungsbeitrag ist zeitgleich auf dem Sea Level der Titanic angekommen.

Fazit: Vereinbarungen dokumentieren, 0 EUR. Prinzip Schuldverteilung anwenden, 20.000 EUR. Daraus lernen wie man es nicht macht, unbezahlbar.

Labels: ,

2 Kommentare:

Am/um Freitag, Juni 16, 2006 9:24:00 AM , Anonymous Anonym meinte...

faszinierend, wenn ihr wirklich so viel geld zum fenster herauskippt, müsstet ihr doch längst insolvent sein. oder weigert sich der stiert beharrlich, da er angesichts eurer vorgarten-sahara um seine weideflächen fürchtet? ;)

 
Am/um Montag, Juni 19, 2006 4:03:00 PM , Anonymous Anonym meinte...

Würde mich ja mal auch interessieren, in welcher Branche ihr unterwegs seid.

Offenbar kann man da noch Geld verdienen, egal wie doof man sich dabei anstellt.

 

Kommentar veröffentlichen

<< Startseite