Donnerstag, 16. März 2006

Howgh, ich habe gesprochen

oder: Toleranz ist die hässliche Schwester der Gleichgültigkeit

Besonders gefürchtet sind Situation, bei denen sich seine Majestät König Autistiko II. einen Sachverhalt oder Vorgang vornimmt und diesen in seiner gesamten Tiefe durchleuchtet.

Ich möchte vorab festhalten, dass das prinzipiell eine absolut legitime und vor allem auch notwendige Angelegenheit ist, die in erster Linie dazu dienen soll, fehlerhafte Arbeitsabläufe respektive Optimierungsbedarf zu erkennen.

Soviel zur Theorie. In der Praxis hat die Sache einen entscheidenden Haken: Da die Fähigkeit seiner Majestät König Autistiko II., Arbeitsabläufe und Kompetenzbereiche zu definieren, derart erodiert ist, dass selbst entsprechende Ansätze nicht mehr erkennbar sind, sind die beschriebenen Durchleuchtungsaktionen in höchstem Maße gefürchtet. Sicherlich auch deshalb, weil eine der wichtigsten Merkmale der so genannten Lex Autistiko die stetige Änderung ist. Ja, es ist im Grunde eine Frage der Interpretation oder Tagesform, und kann sich binnen Stunden ändern.

Im Bürofunk deutete sich bereits gestern Abend an, dass seine Majestät König Autistiko II. eine neue Durchleuchtungskampagne plant. Die zwischenzeitlich zwecks Informationsbeschaffung angesprochenen Kollegen erstarrten jedesmal in Ehrfurcht und waren wenig gesprächsbereit. Na ja, eine Kollegin war dann doch so freundlich, mich einzuweihen.

Obwohl das Briefing mit der Kollegin eindeutig ergeben hat, dass sich wirklich alle Beteiligten an die besagte Lex Autistiko gehalten haben, ist allen Betroffenen klar, dass das in jedem Fall auf eine öffentlich abgehaltene verbale Hinrichtung hinausläuft.

Um die Sache jedoch nicht weiter auszudehnen, beschlossen die Kollegen, den zur Diskussion stehenden Arbeitsablauf per sofort einzustellen. Obwohl ich das durchaus recht gut verstehen kann, ergibt sich damit jedoch ein neues Problem: Auch ich habe die explizite Anweisung, die Einhaltung der Arbeitsweise zu überwachen. Ich kann an dieser Stelle nicht detailliert auf den Arbeitsablauf eingehen, will jedoch nur so viel verraten: Er ist aus juristischen Gründen notwendig.

In Ermangelung von Alternativen habe ich also den zuständigen Kollegen eine E-Mail geschickt und auf das Fehlen bestimmter Informationen, die das Ergebnis des beschriebenen Arbeitsablaufes sind, hingewiesen. Ich hatte, auch aus Mitgefühl mit den Kollegen, ganz bewusst darauf verzichtet, eine auch nur annähern Weisungsähnliche Formulierung zu verwenden.

Tja, geholfen hat es nichts. Mein Arsch bleibt weiter in der Schußlinie. Heute Abend trudelten die ersten Anfragen bezüglich der Frage, was man nun machen sollte, von den Kollegen ein. Nach reiflicher mentaler Vorbereitung und Probesprechen auf dem Klo habe ich mir eine salomonische Formulierung einfallen lassen:

Ja, Sie wissen doch, es gab die mündliche Anweisung von 1778. Die, auf die sich hier jeder bezieht. Und meine Aufgabe ist es, die Einhaltung aus verschiedenen Gründen zu überwachen. Mir ist also aufgefallen, das die in meiner E-Mail aufgelisteten Kandidaten "übersehen" wurden. Das müsste wohl noch gemacht werden.

Disclaimer: Weder meine Mail noch der Inhalt dieses Gespräches ist zitierfähig. Ich verweigere darüber hinaus jeglicher Form der Weitergabe und/oder Reproduktion der Informationen meine Zustimmung. Ich werde im Fall der einer direkten oder indirekten Gegenüberstellung mit seiner Majestät König Autistiko II. die Existenz dieser Aussage sowie weiterer, in diesem Zusammenhang stehenden Anweisungen/Aussagen bestreiten. Ich versichere an Eides statt und unter Abtretung meinem mir gem. Grundgesetz zustehendem Recht auf Menschenwürde, dass ich keine Kenntnis hatte.

Sorry, aber mein Arsch ist mir näher als Ihr Stuhl ... ich wünsche Ihnen aber trotzdem alles Gute und, falls wir uns nicht mehr sehen sollten, bedanke mich für die vertrauenvolle Zusammenarbeit der letzten Jahre. Zumindestens ich fand ihre Persönlichkeit und ihren Sachverstand stets als echte Bereicherung für die Company.

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