Organisatorische Geisterfahrt I
Die Kommunikation im Unternehmen ist grauenvoll – zumindestens bezüglich offizieller Dinge. Heute habe ich erfahren, dass man lieber Arbeitsplätze erhält anstatt etwas zu verkaufen. Sie werden denken das widerspricht sich, aber nein, man eben muss Prioritäten setzen!
Zunächst einige Informationen zum Verständnis: Es gibt bei uns so genannte "Tägliche Tätigkeitsnachweise" für die im Außendienst tätigen Kollegen. In diesen Reports vermerkt der Mitarbeiter das Kennzeichen des Firmenfahrzeuges, den km-Stand zu Beginn und am Ende des Tages, den Beginn und das Ende der Arbeitszeit sowie eine detaillierte Aufstellung aller Kunden bzw. Interessenten, die an dem Tag besucht wurden. Daneben werden, wie sich das für ein ordentliches deutsches Formular gehört, auch erhaltende Zahlungen von Kunden dokumentiert.
Das Feld für den Namen des Mitarbeiters wurde im Rahmen des letzten Reworks gestrichen. Was geht es jemanden etwas an, von wem der Bericht ist. Und außerdem sollen die Kollegen im Head Office ihr Geld schließlich ehrlich verdienen.
Eine Kollegin erwähnte heute beiläufig, dass es seit zwei Wochen ein neues Prozedere für die Täglichen Tätigkeitsnachweise geben soll. Anstatt die Reports täglich an das Head Office zu schicken, wird die monströse disziplinarische Befehlskette voll in Anspruch genommen. Ganz konkret bedeutet das folgendes: Der Kollege im Lkw schickt seinen Report einmal pro Woche an seinen nächsten Boss. Öfters geht das nicht, weil man auf Papierkram keinen Bock hat. Der Boss des Lkw-Fahrers soll den Report checken (wie auch immer er das machen soll – möglicherweise ruft er jeden Kunden an und erkundigt sich, ob der Fahrer auch höflich gegrüßt hat) und dann an seinen Boss weiterschicken. Dieser wiederum checkt das auch noch mal (vermutlich mit dem gleichen hilflosen Gesichtausdruck wie sein Vorgänger) und leitet den Report dann an das Head Office weiter. Hier noch ein wesentlicher Fakt: Alle drei Personen wohnen allenfalls im gleichen Bundesland. Der mehrfach in Anspruch genommene Postweg entwickelt sich damit zu einer eigenen Variable bei der Ermittlung des Verlustrisikos.
Nachdem zwischen drei und vier Wochen vergangen sind, trudelt der Report im Head Office ein. Wenn die Mädels aus dem Vertrieb zwischen dem Sabbeln mal Zeit finden – typischerweise setzt zum Abschluss der Rechnungsperiode stets rege Betriebsamkeit ein – schreiben sie den vor drei oder vier Wochen besuchten Kunden dann mal eine Rechnung für die gelieferten Waren. Bei der Gelegenheit zieht man dann auch das für die Company kassierte Geld ein.
Nun zur Frage nach dem Warum: Kurz gesagt, man weiß es nicht. Ausführlich ausgedrückt scheint der Oberboss der Initiator zu sein. Im Grunde hätte ich mir das Wort "scheint" sparen können, da es tatsächlich nur eine Entscheidungsinstanz gibt – der Oberboss, seine Majestät König Autistiko II.
Was lernen wir daraus: Wenn das Geschäft stagniert, sollte man das gesamte Gefolge immer schön "in Bewegung" halten. Bei der Gelegenheit kann man die echte Realsatire vom "Amt" einmal selbst im Unternehmen durchspielen und schauen, wie weit man Effizienz und Produktivität drosseln kann.
PS: Habe mit einem Kollegen aus dem Außendienst nach dem Gespräch gekabelt. Er wollte mit mir nicht über das Thema sprechen. Schade, hätte ihm gerne noch ein paar Tipps gegeben, wie man die Aufmerksamkeit seiner Chefs testen kann und ihn darauf hingewiesen, dass die Tätigkeit als Bank einer Konzession bedarf ;-)
Labels: Verwaltungschaos
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